Zwischen Geschichte, ökologischen Schätzen und militärischen Übungsbetrieb
Sie sind gefragt, die Wanderungen in den Truppenübungsplatz Hohenfels und so kamen auch diesmal viele Wanderer aus allen Himmelsrichtungen der Oberpfalz, um an der Sommerwanderung teilzunehmen. Es gab keine Frage zu den vielfältigsten Themenbereichen, die die Vertreter des Bundesforstes, Manfred Kellner (Leiter Bundesforstbetrieb Hohenfels) und Lena Lehmann (Betriebsbereichsleiterin Truppenübungsplatz Hohenfels) nicht beantworten konnten. Ein besonderer Gruß galt der US Garrison-Managerin Hohenfels, Angela Lane, die die Wandergruppe bei teilweise sehr sommerlichen Temperaturen begleitete. Es war eine Wanderung, kunterbunt wie die unberührten Wiesen. Es war ein Erlebnis, vollgepackt mit Informationen über den Truppenübungsplatz, über Flora und Fauna, es spannte sich ein Bogen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Es ging nicht nur um die Geschichte manch verlassener Ortschaften, es ging auch um die Schönheit und Einzigartigkeit einer Landschaft, aber auch um die Verletzlichkeit der Natur und die Folgen des Klimawandels. Forstdirektor Manfred Kellner vom Bundesforst Hohenfels verstand es hervorragend, mit wohl dosierten Informationen „rund um Natur und Kultur“ die Wanderer bestens zu informieren und zu begeistern. Treffpunkt war bei der St. Georgskirche in Schmidmühlen. Bereits dieses kleine Kirchlein steckt voller Heimatgeschichte. Die Erbauungszeit lässt sich anhand alter Karten recherchieren: Auf einer Karte von 1590 ist die Kirche noch nicht, auf einer anderen Karte aus dem Jahr 1623 ist das Kirchlein schon eingezeichnet. Erste Station war der Erinnerungsstein am Lauterachweg, der an die Todesmärsche von KZ – Häftlingen im Jahr 1945 erinnert. Heimatpfleger Josef Popp gab dazu die geschichtlichen Informationen. Weiter ging es dann entlang des Lauterachwegs in den Truppenübungsplatz. Hier stellte Forstdirektor Manfred Kellner den 160 Quadratkilometer großen Übungsplatz als ein landschaftlich faszinierendes Stück Oberpfälzer Jura vor, das bestens für den militärischen Übungsbetrieb geeignet ist. Hügel wechseln sich mit Tälern, Wälder mit Freiflächen ab. Nachdem am 16. März 1935 die Allgemeine Wehrpflicht im Deutschen Reich eingeführt wurde, war der Bedarf an geeigneten Truppenübungsplätzen groß. Die Wahl fiel auf dieses Areal, einer der Gründe war die äußerst dünne Besiedlung mit nur 14 Einwohnern pro Quadratkilometer. Neben der bescheidenen Besiedlung waren auch die geringen Bodenerträge und eine relativ starke Bewaldung ausschlaggebend für diese Wahl. Die Gegend war zudem sehr wasserarm, was auch die Armut der Bevölkerung zur Folge hatte. Die Bevölkerung war verschuldet, abgearbeitet und ausgezehrt. Auch das Vieh litt unter den ungewöhnlich schlechten Wasserverhältnissen. Eine rentable Viehzucht war ausgeschlossen, Tuberkulose und Notschlachtungen bei den Tieren waren sehr häufig. Nach dem 2. Weltkrieg kam es zu einer weiteren Erweiterung des Truppenübungsplatzes durch die amerikanischen Streitkräfte. Viele Menschen wurden bei der Gründung und der Erweiterung des Truppenübungsplatzes aus- bzw. umgesiedelt. Sie verloren ihre Heimat. Lena Lehmann gab an verschiedenen Stationen interessante Zusammenhänge zwischen Bodenbeschaffenheit und Vegetation, die sich in der Pflanzenvielfalt zeigen. So bevorzugt der Natternkopf verdichteten Boden, wie er aufgrund des Übungsbetriebes immer wieder zu finden ist. Überhaupt ist die Arbeit im Truppenübungsplatz Hohenfels höchst anspruchsvoll, so müssen die Erfordernisse des militärischen Übungsbetriebs mit der vielfältigen Flora und Fauna sowie der Walderneuerung mit klimastabilen Baumarten in Einklang gebracht werden. Dass diese wertvolle Naturlandschaft, in die weder Kunstdünger noch Pflanzenschutzmittel je eingebracht wurden, so existiert, wäre ohne Truppenübungsplatz nicht möglich. Ein besonderes Highlight war für die Wanderer die als Fledermauskirche bekannte Kirche Bergheim. Die Kirche St. Ägidius in Bergheim zählt mit zu den ältesten Kirchen der Oberpfalz. 1912 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt und im Jahr 2010 erneut vom Landesamt für Denkmalschutz als Baudenkmal ausgewiesen. Allerdings ist nicht nur ihr tausendjähriges Alter etwas Besonders. Sie befindet sich auf militärischem Sperrgebiet und wird deshalb nicht mehr als Gotteshaus genutzt. Ihre 2012 erfolgte Restaurierung verdankt sie einer seltenen Fledermausart, der „Großen Hufeisennase“. Die vom Aussterben bedrohte Fledermaus hat in der südlichen Oberpfalz deutschlandweit die letzte stabile Population, die Jungtiere in steigender Zahl hervorbringt. Für das Projekt „Wiederaufbau der Kirchenruine Bergheim als Fledermausquartier“ erhielt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Auszeichnung als Projekt der UN – Dekade „Biologische Vielfalt“. Die US-Streitkräfte unterstützten das Projekt von Anfang an und realisierten im Jahr 2021 auf eigene Kosten den Aufbau der ursprünglich nicht wiederhergestellten gotischen Apsis. Mittlerweile nutzen bereits viele verschiedene Fledermausarten die Kirche Bergheim als Quartier; darunter auch die Große Hufeisennase, deren einzige in Deutschland bekannte Wochenstubenkolonie sich im Markt Hohenburg am Rande des Truppenübungsplatzes Hohenfels befindet. Am Beispiel des Kreuzenzians erklärte Forstdirektor Manfred Kellner noch die Sensibilität kleinster Ökosysteme. An diese Pflanze ist der Kreuzenzian-Ameisenbläuling, ein Schmetterling mit etwa vier Zentimeter Flügelspannweite gebunden. Nur auf diesem Kreuzenzian legt er seine Eier ab. Die Art ist nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Nach einem kurzen Aufenthalt an der Kreuzbergkirche dankte Heimatpfleger Josef Popp den beiden Vertretern des Bundesforstbetriebs Lena Lehmann und Manfred Kellner für die Führung und Garrison-Managerin Angela Lane für die wohlwollende Genehmigung und Unterstützung.