In einer schlichten, beinahe stillen Feierstunde hat Josef Gruber, ehemals Maurermeister von Bechtsrieth, eine von seinem Vater und ihm verfasste Chronik der Pfarrei überreicht – ein Zeitzeugnis aus erster Hand, das nun treu verwahrt im Pfarrarchiv Bechtsrieth liegt und dort eingesehen werden kann. Solche Bücher sind mehr als Papier: Sie sind Gedächtnis der Kirche, damit das, was aus Glaube und Liebe entstand, nicht dem Vergessen anheimfällt.
Am Anfang stand eine geistliche Intuition. Auf Initiative von Chorregent Rittner von St. Josef in Weiden – dem geistigen Vater der Filialkirche – und gestützt durch den damaligen Mesner Josef Kick, reifte der Entschluss, in einer politisch schwierigen Zeit zu bauen. Nicht um Prestige, sondern um der Menschen willen: den Bürgerinnen und Bürgern von Bechtsrieth und Umgebung sollten vor allem im Winter die mühsamen Wege nach Schirmitz und Pirk erspart werden. Die damals kaum absehbare Bevölkerungsentwicklung verlieh diesem Entschluss prophetische Weitsicht.
Wer die Chronik betrachtet, gerät ins Staunen: über Mut und Organisationskraft, über Eigeninitiative und Opferbereitschaft – besonders in den Jahren um die Währungsreform 1948. Ein Zuschuss der Bischöflichen Finanzkammer von 50.000 Reichsmark wurde durch die Reform über Nacht wertlos; der Bau musste ruhen. Und doch begann man neu, unter Risiko: Firmen packten an, Bürgschaften wurden übernommen, Obligationen von den Bürgern selbst eingelöst. Unmittelbar nach Ausgabe des „Kopfgeldes“ von 40 DM ging man von Haus zu Haus – und die Gemeinde gab bereitwillig von dem, was sie eben empfangen hatte. Viele Namen wären zu nennen; die Chronik vermerkt, dass auch die Geflüchteten der Nachkriegszeit sich nicht ausschlossen. So wurde aus ökonomischer Knappheit eine Schule der Communio: Kirche entstand als „Bau aus lebendigen Steinen“.
Die Erinnerungen sind konkret: Weil kein geeigneter Kran verfügbar war, errichtete man eine fast hundert Meter lange Gleisrampe für den Materialtransport. Solche Sätze erzählen vom Schweiß der Hände und vom Denken der Herzen – von jenem „opus Dei“, dem Werk Gottes, das immer auch Menschenwerk ist.
Schon zum 25-jährigen Weihejubiläum wurde der Blick nach vorne gerichtet. Die damaligen Worte klingen bis heute: Die Zeit stellt neue Aufgaben; Jugendarbeit braucht Räume, Begegnung braucht Nähe, die Liturgie ihren würdigen Rahmen; ein Versammlungsraum, Ankleideräume für Priester und Ministranten, Orte für Schulung und Beratung wurden erbeten – und die Präsenz eines Seelsorgers, der als „Unruheständler“ mitten unter den Menschen ist. Vieles davon ist inzwischen äußerlich möglich geworden. Doch die Chronik mahnt leise: „Die äußeren Rahmenbedingungen sind vorhanden, doch das Leben darin fehlt.“ Kirchen sind nicht zuerst Architektur, sondern Antwort auf den Ruf Gottes; nicht nur Orte, an denen „etwas stattfindet“, sondern Räume, in denen jemand begegnet: Christus, der Herr der Kirche.
Aus der Geisteshaltung, die St. Josef erbaut hat, wächst auch die Zukunft:
1. Erinnerung pflegen: Wer seine Wurzeln kennt, kann die Gegenwart gestalten. Die Chronik im Archiv ist Auftrag, die Geschichten der Älteren zu hören und den Jüngeren zu erzählen – im Religionsunterricht, in Gruppenstunden, bei Kirchweih und Jubiläen.
2. Jugend ermutigen: Räume sind Mittel, nicht Zweck. Jugendpastoral gedeiht, wo man vertraut, Verantwortung überträgt und Glauben erfahrbar macht – in Musik und Liturgie, im Dienst am Nächsten, in kleinen Kreisen, „wo jeder den anderen kennt“.
3. Diakonie leben: Die Opferbereitschaft der Gründerjahre wird heute zur Aufmerksamkeit für die Stillen, die Einsamen, die Neuzugezogenen und Geflüchteten. So wird die Kirche wieder Rampe – nicht aus Holz, sondern aus Herzen.
4. Liturgie als Quelle: Aus der Eucharistie entspringt alle Sendung. Wo die Messe würdig gefeiert wird, wächst jene Freude, die trägt und sendet.Möge St. Josef in Bechtsrieth weiterhin ein Haus der Begegnung sein – mit Gott und miteinander. Mögen Verantwortliche und Gemeindemitglieder denselben Geist der Treue und des Mutes bewahren, der den Neubau in schwerer Zeit getragen hat. Möge die Jugend Heimat finden und Berufungen keimen; mögen Kranke, Trauernde und Suchende Trost erfahren. Und möge die Chronik, die heute das Archiv bereichert, morgen die Herzen entzünden: damit aus Erinnerung Zukunft wird.