Dr. Sebastian Schott (rechts) zusammen mit dem Sprecher des Tutzing-Freundeskreises Dr. Ehrenfried Lachmann  (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über Denkmalschutz in Weiden

Die Liste denkmalgeschützter Gebäude und Ensembles in Weiden ist lang. Viele davon zeigte der Leiter des Stadtmuseums Weiden Dr. Sebastian Schott in seinem Vortrag „Weiden und der Denkmalschutz“ mit zahlreichen historischen Bilddokumenten. Die bekanntesten reichen von den vorhandenen Resten des Mauergürtels um die Altstadt und dem Flurerturm, über die Kirchen St. Michael, St. Josef und St. Sebastian, bis hin zum Alten Rathaus und den zahlreichen denkmalgeschützten Gebäuden der Weidener Altstadt. Auch Gebäudeensembles wie der Pfarrplatz oder die Heimgartensiedlung gehören dazu. Nachzulesen sei die aktuelle Liste auf der Internetseite des Landesamtes für Denkmalpflege, erläuterte der Historiker Schott in seinem Vortrag beim Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing. Diese Liste des Landesamtes werde laufend fortgeschrieben und könne auf persönlichen Antrag auch ergänzt werden. „Vieles wurde erhalten, aber es gab in den vergangenen Jahrzehnten auch erhebliche Verluste“ erläuterte Schott. Dass an vielen Stellen in der Stadt die frühere Bausubstanz überhaupt nicht mehr zu sehen ist, zeigte Schott unter anderem am Beispiel des Gebäudes der heutigen Sparkasse in Weiden. Dort habe einst eine Friedhofskirche gestanden. Der derzeit vorgenommene Abriss des Evangelischen Vereinshauses ist für ihn ein „großer Verlust und dieser Schaden wird bestimmt in einigen Jahren als irreparabel empfunden“. Auch den Abbruch des ehemaligen Anker-Komplexes vor über 40 Jahren sowie den Abriss des „Vierling-Hauses“ an der Allee zählte Schott ebenfalls in seiner Verlustliste auf. Und er bedauerte, dass vor allem Gebäude aus den sogenannten Gründerjahren, etwa ab 1860, nicht erhalten werden konnten, zum Beispiel bei den Abrissen für das NOC-Einkaufszentrum. Schott wies auch darauf hin, dass die abschließende Entscheidung über den Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes nicht bei den Denkmalsbehörden, sondern bei den Bauämtern liege. Dabei müsse „immer wieder der Spagat zwischen Modernisierung und historischer Baukunst“ vollzogen werden. Zum Teil sei dies gelungen, „im Detail sehe man aber auch zahlreiche Bausünden“, stellte der Referent fest. Zahlreiche Wortmeldungen der Zuhörer befassten sich mit dem Konflikt zwischen Modernisierung und Erhaltung von Altsubstanzen. Sie reichten von „tiefem Bedauern über den Verlust traditioneller Gebäude“ bis hin zur Feststellung „es macht keinen Sinn die Altstadt in ein Museum zu verwandeln“. Auch könne es keine Lösung darstellen, ein Gebäude über Jahrzehnte leer stehen zu lassen.
Von links: Bildungswerk-Geschäftsführerin Bettina Hahn, Referent Igal Avidan und Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann  (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über Zusammenleben von Juden und Arabern

In Israel geboren, studiert in Deutschland und in Israel, reist der Nahostexperte Igal Avidan immer wieder durch das Land Israel und beobachtet das alltägliche Zusammenleben von jüdischen und arabischen Israelis. In einem Vortrag, zu dem der Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit dem Evangelischen Bildungswerks Oberpfalz eingeladen hatte, berichtete Avidan jetzt über seine Begegnungen und seine Erlebnisse. „… und es werde Licht:“ lautete die Überschrift des Vortrags, gleichzeitig auch die seines vorgestellten Buches. Den Medien wirft Avidan vor „wenn nichts passiert, wird auch nichts berichtet“. Um die tatsächliche Situation des Zusammenlebens von jüdischen und arabischen Israelis zu erleben und darzustellen besuchte Avidan sieben Städte und Einrichtungen in Israel, verteilt vom Norden bis zum Süden. Dort erlebte er viel Feindseligkeiten und Gewalt, zum Beispiel wenn jüdische und muslimische Feiertage nahe beieinander liegen. Auch einzelne Anlässe, wie die Räumung von Wohnungen von arabischen Bewohnern, können zu eskalierendem Aufruhr führen. Ausführlich schilderte der Referent andererseits aber auch zahlreiche Beispiele des friedlichen Zusammenlebens. Er erlebte gegenseitige Akzeptanz und Unterstützung, gemeinsam geführte Einrichtungen, nachbarschaftliche Beziehungen und Hilfen. So zum Beispiel im Kibbuz mit dem Namen Lochamei haGetaot im Norden Israels, wo unter anderem arabische und jüdische Kinder gemeinsam betreut werden oder wo auch Yigal Cohen arbeitete, der laut Avidan „als erster orientalischer Direktor eines Shoah-Museums Geschichte geschrieben hat“. Mehrfach werden im Vortrag auch Gewaltsituationen mit arabischen Israelis geschildert bei denen das Leben von verletzten jüdischen Einwohnern durch Angehörige der arabischen Minderheit gerettet wurde. Vorgestellt wurde im Vortrag auch der 77-jährige Uri Jeremias, der in der Stadt Akko das bekannte Fischrestaurant Uri Buri betreibt. Und obwohl das Restaurant und das dazugehörige Hotel bei Unruhen im Mai des Jahres 2021 von arabischen Männern fast zerstört wurden, glaubt der Unternehmer Jeremias weiter fest an eine friedliche gemeinsame Zukunft von Juden und Arabern in Israel. Avidan zitierte diesen mit den Sätzen „wir dürfen nicht einer Handvoll Idioten auf beiden Seiten erlauben, eine ganze Stadt zu terrorisieren und unseren Alltag zu diktieren“ oder auch „noch niemand hat eine bessere Lösung als das Zusammenleben präsentiert“. Dann berichtet Avidan über einen Kindergarten im Haifa mit 110 Kindern, die in jeder Klasse von einer jüdischen und einer arabischen Kindergärtnerin unterrichtet werden. „Kinder wechseln laufend die Sprache zwischen Arabisch und Hebräisch. Man kann nicht sagen, wer jüdisch oder arabisch ist“ berichtet der Referent. Die Liste seiner Beispiele dieser Art war lang, unter anderem sind auch ein arabisch-jüdisches Theater, ein jüdisch-arabischer Frauenchor und gemeinsame Kulturzentren dabei. Die zahlreichen Beispiele sollen laut Avidan Anlass zur Hoffnung auf ein allmähliches Zusammenwachsen der israelischen Gesellschaft Anlass geben.
OTH-Vizepräsidentin Prof.Dr. Christiane Hellbach zusammen mit Freundeskreissprecher Dr. Ehrenfried Lachmann  (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über OTH Amberg-Weiden als Multiplikator für Nachhaltigkeit

Um unsere Schöpfung zu bewahren ist ein „schneller und weitreichender Wandel in allen Sektoren und Systemen notwendig“ forderte OTH-Vizepräsidentin Prof. Dr. Christiane Hellbach. Zu ihrem Vortrag zum Thema „Nachhaltige Entwicklung an Hochschulen – ein gesamtinstitutioneller Ansatz“ hatte der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing eingeladen. Ausführlich stellte die Expertin an diesem Abend ein Konzept vor, bei dem die OTH Amberg-Weiden eine Multiplikator-Rolle bei der Verbreitung von nachhaltigem Handeln in der Gesellschaft einnimmt. Schließlich trage nachhaltiges Handeln nicht nur zur Erhaltung der Natur, sondern auch zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung und Beschäftigung und zur Gerechtigkeit unter den Generationen bei, machte die Professorin deutlich. Und sie zeigte auf, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur als Leitprinzip der eigenen Hochschulentwicklung gilt, sondern auch eine starke Außenwirkung entfachen soll. Jetzt und auch später im Berufsleben müssten Studierende die Nachhaltigkeit umsetzen und dabei „verstehen, verändern und handeln“. Dafür würden auch Innovationen gebraucht um alte Denkmuster abzulösen. „Wir müssen es schaffen, dass Menschen Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen“ forderte Hellbach. Das Nachhaltigkeitskonzept der Hochschule Amberg-Weiden prägt deshalb alle Lehrformate und deren Inhalte in den einzelnen Studiengängen sowie vorrangig auch den Forschungsbereich. Forschungsschwerpunkte gibt es zum Beispiel in der Energie- und Ressourceneffizienz und in der Kreislaufwirtschaft. Auch der Forschungsprozess selbst muss umwelt- und ressourcenschonend ablaufen. Aufgabe der Hochschule sei es dabei, Forschungsergebnisse breit nach außen zu tragen, zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit öffentlichen Verwaltungen. Auch tragen Ethikforum und andere Veranstaltungen, Projekte mit externen Partnern und Konferenzen die Nachhaltigkeitsphilosophie nach draußen. Das hochschuleigene Institut für Nachhaltigkeit und Ethik entwickelt wichtige Impulse. Ein Ideenaustauch unter den Hochschulen erfolgt in Netzwerken und vertieft die Konzepte. Nachhaltiges Handeln gilt auch als Maxim für die interne Organisation und Abläufe an der Hochschule. „Gelebter Schutz der natürlichen Umwelt sowie eine Gemeinwohlorientierung in allen Bereichen des Campus betrachten wir als Voraussetzung für die glaubwürdige Vermittlung von Vorgehensweisen und Praktiken zum nachhaltigen Denken und Handeln“ sagt die Professorin. Als Stichworte genannt wurden unter anderem Reduzierung des Energieverbrauchs und das Energiemanagement, Treibhausgasbilanz, Abfalltrennsystem, Renaturierung und Fair-Trade-University. Schulungen dienten der Vorbereitung dieser Aktivitäten. Zum Beispiel sind Raumbelegungsprogramm und Heizungssteuerung sind eng verknüpft. Zertifizierungen sind Belege für den Vorbildcharakter der OTH Amberg für vergleichbare Bildungseinrichtungen. Auch sollen Studierende an Planungen und Projekten aktiv beteiligt werden, wie die Neugestaltung der Coffee-Lounge bewiesen habe.
Freundeskreis-Tutzing-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann Links) zusammen mit Schauspieler Peter Kampschulte  (Bild: Siegfried Bühner)

Philosophisches von einem Affen

Bei Vortragsabenden des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing sprechen üblicherweise Experten aus Wissenschaft, Religion, Politik oder kulturellen Institutionen über wichtige Themen der Gesellschaft. Diesmal war es völlig anders. Der Schauspieler Peter Kampschulte aus Hof inszenierte in einem Affenkostüm Franz Kafkas‘ Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie“. Kampschulte referierte nicht nur die Aussagen des Dichters, sondern streute dazwischen immer wieder Affenlaute wie „hua, hua“ oder „ho, ho“ ein, zog Grimassen mit offenem Mund oder gefletschten Zähnen. Mit gekrümmten Fingern der Greifhand des Schimpansen begrüßte er Zuhörer und agierte am Rednerpult. „Rotpeter“ hatte Kafka seinen Affen genannt, der in der Erzählung, ohne sich äußerlich zu verändern, allmählich die Wesensmerkmale und die Fähigkeiten eines Menschen annimmt. Kafka lässt Rotpeter vor einer fiktiven Akademie über seine schrittweise Verwandlung zum Menschen berichten. Vorausgegangen waren die Gefangennahme des Affen durch Jäger des Zirkus Hagenbeck in Afrika und der Transport im Käfig auf einem Schiff. In der Erzählung beginnt der Affe noch auf der Fahrt Verhaltensweisen der Seeleute nachzuahmen. Er lernt schnell, auch das Saufen und Rauchen und beginnt sogar bald zu sprechen. „Nein, Freiheit wollte ich nicht, nur einen Ausweg“ lässt Kafka den Affen referieren und deutet damit schon die ersten Interpretationsmöglichkeiten dieser Geschichte an. In einem Varieté macht Rotpeter Karriere und vollendet dort seine innere Menschwerdung. Laut Kafka hat Rotpeter die „Durchschnittsbildung eines Europäers“ erreicht. Nach Beendigung der szenischen Lesung und Darstellung der Erzählung diskutierte Schauspieler Kampschulte mit dem Publikum die verschiedensten möglichen Interpretationen der Erzählung von Kafka. Es zeigte sich dabei ein breites Spektrum von möglichen Aussagen. Sie reichen von der Darstellung von Irrwegen der Menschheitsentwicklung bis hin zu einem symbolischen Vergleich mit Elementen in der Geschichte des Judentums, denn Kafka war Jude. Auch das Verhältnis von Tier und Mensch spielt eine große Rolle. Rotpeter traf sich regelmäßig in der Nacht mit einer dressierten Schimpansin. Und wiederholt geht es in der Erzählung um den Begriff der Freiheit. So sagt er unter anderem im Text „mit Freiheit betrügt man sich unter Menschen allzuoft“.
Wasser-Experte Jörg Barandat (rechts) zusammen mit Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann  (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag zum Thema Wasser als Menschheitsrisiko

Oberstleutnant i.G. a.D. Jörg Barandat gehört zu den renommiertesten Experten in Deutschland für Fragen der regionalen und der weltweiten Wasserversorgung. Sogar bei den Vereinten Nationen war sein Rat schon gefragt. Der ehemalige Dozent an der der Führungsakademie der Bundeswehr und Berater zahlreicher politischer Organisationen referierte auf Einladung des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing über das Thema „Die Ressource Wasser – zwischen Sicherheitsfaktor, Machtpotential und Waffe in der Zuspitzung globaler Krisen“. Was im Thema schon zusammengefasst formuliert ist untermauerte der Referent mit zahlreichen Fakten und dringenden Forderungen an die Politik. Generell sieht Barandat das Thema Wasser eingebettet mitten in ein Netzwerk von nationalen und internationalen „Konflikt-Konglomeraten“. Und er sagt „Eine Veränderung bei einem Thema löst Folgewirkungen in fast allen anderen Bereichen aus“ Und meistens spiele das Wasser dabei meine große Rolle. Konkret könne man diese Zusammenhänge unter anderem am Beziehungsdreieck Klima, Wirtschaft und Wasser aufzeigen, erläutert Barandat. Alle drei Faktoren stünden in einem direkten Zusammenhang. Klimawandel reduziere das nutzbare Wasserangebot. Eine wachsende Wirtschaft in Verbindung mit einer zunehmenden Verstädterung führe zu immer höherem Wasserbedarf. Auch seien die Themen Wasser- und Energieversorgung eng miteinander verbunden, was unter anderem am Beispiel des hohen Wasserbedarfs in der Wasserstofftechnik aufgezeigt werden könne. Barandat sieht bei der Politik ein „Defizit an systematischem Denken“, weil Wasserversorgung und Energieversorgung selten zusammen behandelt würden. „Ohne Strom kann kein Wasser in die Leitungen gepumpt werden“ stellt der Experte fest. Und auf Störungen in der Wasserversorgung sei Deutschland viel zu wenig vorbereitet. Die Ansiedlung des Teslawerks in Brandenburg hätten die Defizite in einem vernetzten Denken deutlich aufgezeigt - spätestens als die Auswirkungen auf die Wasserreservoire der Region bekannt wurden. Die weltweite Bedeutung des Themas Wasserversorgung wurde im Vortrag mit zahlreichen Beispielen wie unter anderem den Konflikten um das Jordan-Wasser belegt Weniger als ein Prozent des weltweiten, überwiegend aus Salzwasser bestehenden Wasserbestandes, kann laut Barandat als verfügbares Grundwasser vom Menschen genutzt werden. Und der ansteigende Meeresspiegel reduziere diese Menge weiterhin. „Der Kreislauf funktioniert nur, wenn die biologischen Grundlagen erhalten bleiben“ sagt der Experte und kritisiert Waldrodungen, die industrielle Landwirtschaft sowie die sogenannten Megastädte, die ihrem Umfeld das Wasser wegsaugten. Und er rechnet vor „ eine Orange braucht 40 Liter Wasser“. Eine explosionsartig wachsende Datenverarbeitung im Rahmen der Digitalisierung erfordere immer höhere Wassermengen für Kühlungsprozesse. Barandat prognostiziert auch für Deutschland „zunehmende regionale Nutzungskonflikte“ um das Wasser („russische Tundra geht nach Westen“) und verweist auf die schon vielfach erforderlichen Fernwasserleitungen. Insgesamt gesehen sieht Barandat beim Thema Wasser „keine Erkenntnis-, sondern Umsetzungsdefizite“ und fordert „politische Bereitschaft Führung zu übernehmen und der Bevölkerung die Wahrheit dazu zu sagen“. Notwendig seien Kooperationsgewinne der Beteiligten und nicht „Nullsummenspiele“.
Eckhard Lohse (rechts) liest aus seinem Buch über Angela Merkel. (Bild: Siegfried Bühner )

Lesung über Kanzlerin-Merkel-Buch

Wenige Tage bevor die Biographie von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel erscheinen wird, hat der Journalist Eckhard Lohse seine eigene Bewertung der Ära Merkel vorgetragen. In seinem Buch „Die Täuschung – Angela Merkel und ihre Deutschen“ ist sie nachzulesen Viermal hat die Bevölkerung in Deutschland Angela Merkel zur Bundeskanzlerin gewählt. In deren gesamten Regierungszeit hat der langjährige FAZ-Journalist Eckhard Lohse sie begleitet und beobachtet und stellte jetzt bei seiner Buchvorstellung dazu zusammenfassend fest „für mich war sie die Kanzlerin, die zu den Deutschen passte“. Eingeladen hatte die Volkshochschule Neustadt/Weiden und der Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing. Zu hören waren Erklärungen der historischen Geschehnisse, aber auch viel Kritik und durchaus auch Lob. Einen besonders wichtigen Einfluss auf politischen Entscheidungen der Kanzlerin sieht Lohse darin, dass „Merkel nie ins Risiko gehen und immer bewahren wollte“. Sie hätte nicht die Kraft und den Mut gehabt, „einmal zu scheitern“, auch und vielleicht gerade, weil sie aus Ostdeutschland kam. Von einer „Täuschung“ spricht der Buchautor in mehrerer Hinsicht. So sei sie manchmal, zum Beispiel beim Atomausstieg, auch Wege gegangen, die sie persönlich für falsch hielt. Ähnliches gelte auch bei der tatsächlichen Nichteinhaltung der international fest vereinbarten Rüstungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und fast alle Beteiligten hätten die Täuschungen mitgemacht. Lohse spricht generell von einer „Wärmekammer der Weltgeschichte“, in der sich Deutschland befunden hätte. In der „Mutti-Rolle“ sollte das Land von Konflikten abgeschottet werden. Abhängigkeiten von russischem Gas seien viel zu groß gewesen. Erfolge sieht Lohse darin, „dass die Ökonomie in der gesamten Zeit weitgehend stabil blieb“, trotz eines kurzfristig „strauchelnden Bankensystems“. Allerdings sei auch „Unerledigtes“ wie eine marode Straßeninfrastruktur oder eine nicht konsequent durchgeführte Energiewende hinterlassen worden. Nicht mehr korrigiert werden könne, dass damals zu wenig in die Verteidigung (Stichwort Putin/Krim) investiert wurde. Auch habe die damalige Ausländerpolitik einen Anteil am Aufstieg des Rechtsextremismus, sagt Lohse. Er zitiert auch das „Nein“ der Ex-Kanzlerin im Interview auf die Frage, ob sie an irgendeiner Stelle etwas anders hätte machen sollen.
OLY: USA-Experte Thomas V. Bauer (Mitte) zusammen mit Dr.Ehrenfried Lachmann, links (Sprecher Tutzing-Freunde) und Bettina Hahn (Geschäftsführerin EBO)MPUS DIGITAL CAMERA (Bild: Siegfried Bühner)

Expertenvortrag über USA

Am Vorabend der US-Wahlen sprach der USA-Experte Thomas V. Bauer von der Technischen Universität München über das Thema „Wir unter Freunden – welche Folgen wird die amerikanische Präsidentschaftswahl für Deutschland haben?“. Eingeladen hatte der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit dem evangelischen Bildungswerk Oberpfalz. „Deutschland muss sich für eine neue Westbindung entscheiden“, stellte Bauer als zentrale Aussage seines Vortrags fest. Dies gelte ganz unabhängig vom Ausgang der US-Wahlen. Sowohl eine Trump- als auch eine Harris-Administration, würden versuchen, Deutschland wieder enger an die USA heranzuführen. Und beide politische Lager der USA würden eine energiepolitische Isolation Russlands anstreben sowie die Erhöhung des Finanzierungsanteils Deutschland an der Nato fordern. Auf die besondere Interessenslage Deutschlands in Bezug auf sein Verhältnis zu China und Russland würde von keiner zukünftigen US-Regierung Rücksicht genommen werden. Auch würde mehr Unterstützung und Mitarbeit Deutschlands in internationalen Organisationen gefordert werden. „Die USA werden darauf bestehen, dass sich Deutschland in den Westen stärker einfügt“ stellte Bauer fest. Auch müsse Deutschland in Zukunft generell sicherheitspolitischen Belangen größeren Raum einräumen, allerdings nicht im Rahmen einer eventuellen EU-Armee und nicht bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. „Klimaschutz wird deswegen ganz schwierig“, meinte Bauer. In seiner Analyse der amerikanischen Außenpolitik sieht er ein über Jahrzehnte andauerndes „Schwanken zwischen Isolationismus und Interventionismus“. Momentan schwanke das Pendel in Richtung Isolationismus. Deswegen gebe es eine parteiübergreifende Einigkeit, sich zukünftig weniger in Konflikte anderer Länder einzumischen. Bildunterschrift: USA-Experte Thomas V. Bauer (Mitte) zusammen mit Dr. Ehrenfried Lachmann, links (Sprecher Tutzing-Freunde) und Bettina Hahn (Geschäftsführerin EBO).
Dr. Hendrik Meyer-Magister (rechts) zusammen mit Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann. (Bild: Siegfried Bühner )

Künstliche Intelligenz ethisch gestalten

„Die Zivilgesellschaft muss den moralischen Umgang mit der KI erst noch aushandeln“ stellte Dr. Hendrik Meyer-Magister in seinem Vortrag „Künstliche Intelligenz (KI) und die Ethik“ zusammenfassend fest. Der stellvertretende Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing referierte im Martin-Schalling-Haus in Weiden über den Entwicklungsstand von KI-Systemen auf Einladung des örtlichen Freundeskreises der Akademie und des evangelischen Bildungswerks Oberpfalz. Zur Ausgangsfrage des Vortrags „bringt künstliche Intelligenz die Lösung aller Probleme oder führt sie zur Ablösung des Menschen? formulierte der Referent zunächst eher beruhigende Sätze. So zum Beispiel „viele unserer Alltagsaufgaben sind viel zu komplex für die KI“ oder „KI kann keine gedankliche Vorstellungen von Dingen entwickeln und ist nur so gut, wie die Daten, mit denen sie trainiert wurde“. Die vorgestellten Pflegeroboter sind für Meyer-Magister noch eher dem Spielzeugbereich zuzuordnen. Zu oft prägten auch Science-Fiction-Bilder die Vorstellungen über KI. Aber der Referent betonte auch, dass die Risiken dieser Technologie keineswegs verschwiegen werden dürften. Die Systementwickler müssten sich immer wieder auch die Frage stellen „beherrsche ich noch die Technik oder ist es umgekehrt?“ Und Meyer-Magister stellte fest „nicht alles was technisch möglich ist, ist auch ethisch verantwortbar“. Damit war er bei dem eigentlichen Thema seines Vortrags angelangt. Generell gelte dabei, dass KI-Systeme auf ethische Art und Weise innerhalb einer gemeinwohlorientierten Digitalstruktur entwickelt werden müssten. Und er forderte eine Ethik, die durch Freiheit und Verantwortung geprägt ist. Diese könne durchaus auch aus der Religion abgeleitet werden, denn „Freiheit und Verantwortung sind Ausdruck des Menschen als Geschöpf und konstitutiv für die Beziehung zwischen Gott und dem Mensch“. Auch gelte das Prinzip der Schadensvermeidung, insbesondere physischer, psychischer und sozialer Schäden. KI-Systeme müssten auch fair und gerecht sein und dürften keine bestimmten Gruppen benachteiligen. Unter Bezug auf den neue EU-Verordnung zur KI müssten „unakzeptable Risiken“ verboten und Abläufe verständlich und nachvollziehbar sein. Der Umgang mit KI müsse „datenbewusst und sparsam und energiebewusst“ sein. In Bezug auf mögliche Fälschungen empfahl Meyer-Magister „trauen Sie Ohren und Augen nicht“ und „fragen Sie auch immer nach der Plausibilität“. Und die Politik müsse wirksame Regulierungen und klare gesetzliche Rahmenbedingungen für KI schaffen („brandgefährlich, wenn sie in falsche Hände gerät“). Zusammenfassend stellte Meyer-Magister fest, dass KI „vermutlich nie das bringen kann, was wir für menschlich halten“.
north