Eckhard Lohse (rechts) liest aus seinem Buch über Angela Merkel. (Bild: Siegfried Bühner )

Lesung über Kanzlerin-Merkel-Buch

Wenige Tage bevor die Biographie von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel erscheinen wird, hat der Journalist Eckhard Lohse seine eigene Bewertung der Ära Merkel vorgetragen. In seinem Buch „Die Täuschung – Angela Merkel und ihre Deutschen“ ist sie nachzulesen Viermal hat die Bevölkerung in Deutschland Angela Merkel zur Bundeskanzlerin gewählt. In deren gesamten Regierungszeit hat der langjährige FAZ-Journalist Eckhard Lohse sie begleitet und beobachtet und stellte jetzt bei seiner Buchvorstellung dazu zusammenfassend fest „für mich war sie die Kanzlerin, die zu den Deutschen passte“. Eingeladen hatte die Volkshochschule Neustadt/Weiden und der Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing. Zu hören waren Erklärungen der historischen Geschehnisse, aber auch viel Kritik und durchaus auch Lob. Einen besonders wichtigen Einfluss auf politischen Entscheidungen der Kanzlerin sieht Lohse darin, dass „Merkel nie ins Risiko gehen und immer bewahren wollte“. Sie hätte nicht die Kraft und den Mut gehabt, „einmal zu scheitern“, auch und vielleicht gerade, weil sie aus Ostdeutschland kam. Von einer „Täuschung“ spricht der Buchautor in mehrerer Hinsicht. So sei sie manchmal, zum Beispiel beim Atomausstieg, auch Wege gegangen, die sie persönlich für falsch hielt. Ähnliches gelte auch bei der tatsächlichen Nichteinhaltung der international fest vereinbarten Rüstungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und fast alle Beteiligten hätten die Täuschungen mitgemacht. Lohse spricht generell von einer „Wärmekammer der Weltgeschichte“, in der sich Deutschland befunden hätte. In der „Mutti-Rolle“ sollte das Land von Konflikten abgeschottet werden. Abhängigkeiten von russischem Gas seien viel zu groß gewesen. Erfolge sieht Lohse darin, „dass die Ökonomie in der gesamten Zeit weitgehend stabil blieb“, trotz eines kurzfristig „strauchelnden Bankensystems“. Allerdings sei auch „Unerledigtes“ wie eine marode Straßeninfrastruktur oder eine nicht konsequent durchgeführte Energiewende hinterlassen worden. Nicht mehr korrigiert werden könne, dass damals zu wenig in die Verteidigung (Stichwort Putin/Krim) investiert wurde. Auch habe die damalige Ausländerpolitik einen Anteil am Aufstieg des Rechtsextremismus, sagt Lohse. Er zitiert auch das „Nein“ der Ex-Kanzlerin im Interview auf die Frage, ob sie an irgendeiner Stelle etwas anders hätte machen sollen.
OLY: USA-Experte Thomas V. Bauer (Mitte) zusammen mit Dr.Ehrenfried Lachmann, links (Sprecher Tutzing-Freunde) und Bettina Hahn (Geschäftsführerin EBO)MPUS DIGITAL CAMERA (Bild: Siegfried Bühner)

Expertenvortrag über USA

Am Vorabend der US-Wahlen sprach der USA-Experte Thomas V. Bauer von der Technischen Universität München über das Thema „Wir unter Freunden – welche Folgen wird die amerikanische Präsidentschaftswahl für Deutschland haben?“. Eingeladen hatte der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit dem evangelischen Bildungswerk Oberpfalz. „Deutschland muss sich für eine neue Westbindung entscheiden“, stellte Bauer als zentrale Aussage seines Vortrags fest. Dies gelte ganz unabhängig vom Ausgang der US-Wahlen. Sowohl eine Trump- als auch eine Harris-Administration, würden versuchen, Deutschland wieder enger an die USA heranzuführen. Und beide politische Lager der USA würden eine energiepolitische Isolation Russlands anstreben sowie die Erhöhung des Finanzierungsanteils Deutschland an der Nato fordern. Auf die besondere Interessenslage Deutschlands in Bezug auf sein Verhältnis zu China und Russland würde von keiner zukünftigen US-Regierung Rücksicht genommen werden. Auch würde mehr Unterstützung und Mitarbeit Deutschlands in internationalen Organisationen gefordert werden. „Die USA werden darauf bestehen, dass sich Deutschland in den Westen stärker einfügt“ stellte Bauer fest. Auch müsse Deutschland in Zukunft generell sicherheitspolitischen Belangen größeren Raum einräumen, allerdings nicht im Rahmen einer eventuellen EU-Armee und nicht bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. „Klimaschutz wird deswegen ganz schwierig“, meinte Bauer. In seiner Analyse der amerikanischen Außenpolitik sieht er ein über Jahrzehnte andauerndes „Schwanken zwischen Isolationismus und Interventionismus“. Momentan schwanke das Pendel in Richtung Isolationismus. Deswegen gebe es eine parteiübergreifende Einigkeit, sich zukünftig weniger in Konflikte anderer Länder einzumischen. Bildunterschrift: USA-Experte Thomas V. Bauer (Mitte) zusammen mit Dr. Ehrenfried Lachmann, links (Sprecher Tutzing-Freunde) und Bettina Hahn (Geschäftsführerin EBO).
Dr. Hendrik Meyer-Magister (rechts) zusammen mit Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann. (Bild: Siegfried Bühner )

Künstliche Intelligenz ethisch gestalten

„Die Zivilgesellschaft muss den moralischen Umgang mit der KI erst noch aushandeln“ stellte Dr. Hendrik Meyer-Magister in seinem Vortrag „Künstliche Intelligenz (KI) und die Ethik“ zusammenfassend fest. Der stellvertretende Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing referierte im Martin-Schalling-Haus in Weiden über den Entwicklungsstand von KI-Systemen auf Einladung des örtlichen Freundeskreises der Akademie und des evangelischen Bildungswerks Oberpfalz. Zur Ausgangsfrage des Vortrags „bringt künstliche Intelligenz die Lösung aller Probleme oder führt sie zur Ablösung des Menschen? formulierte der Referent zunächst eher beruhigende Sätze. So zum Beispiel „viele unserer Alltagsaufgaben sind viel zu komplex für die KI“ oder „KI kann keine gedankliche Vorstellungen von Dingen entwickeln und ist nur so gut, wie die Daten, mit denen sie trainiert wurde“. Die vorgestellten Pflegeroboter sind für Meyer-Magister noch eher dem Spielzeugbereich zuzuordnen. Zu oft prägten auch Science-Fiction-Bilder die Vorstellungen über KI. Aber der Referent betonte auch, dass die Risiken dieser Technologie keineswegs verschwiegen werden dürften. Die Systementwickler müssten sich immer wieder auch die Frage stellen „beherrsche ich noch die Technik oder ist es umgekehrt?“ Und Meyer-Magister stellte fest „nicht alles was technisch möglich ist, ist auch ethisch verantwortbar“. Damit war er bei dem eigentlichen Thema seines Vortrags angelangt. Generell gelte dabei, dass KI-Systeme auf ethische Art und Weise innerhalb einer gemeinwohlorientierten Digitalstruktur entwickelt werden müssten. Und er forderte eine Ethik, die durch Freiheit und Verantwortung geprägt ist. Diese könne durchaus auch aus der Religion abgeleitet werden, denn „Freiheit und Verantwortung sind Ausdruck des Menschen als Geschöpf und konstitutiv für die Beziehung zwischen Gott und dem Mensch“. Auch gelte das Prinzip der Schadensvermeidung, insbesondere physischer, psychischer und sozialer Schäden. KI-Systeme müssten auch fair und gerecht sein und dürften keine bestimmten Gruppen benachteiligen. Unter Bezug auf den neue EU-Verordnung zur KI müssten „unakzeptable Risiken“ verboten und Abläufe verständlich und nachvollziehbar sein. Der Umgang mit KI müsse „datenbewusst und sparsam und energiebewusst“ sein. In Bezug auf mögliche Fälschungen empfahl Meyer-Magister „trauen Sie Ohren und Augen nicht“ und „fragen Sie auch immer nach der Plausibilität“. Und die Politik müsse wirksame Regulierungen und klare gesetzliche Rahmenbedingungen für KI schaffen („brandgefährlich, wenn sie in falsche Hände gerät“). Zusammenfassend stellte Meyer-Magister fest, dass KI „vermutlich nie das bringen kann, was wir für menschlich halten“.
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