Der eine hat überlebt, der andere wurde von den Nazi-Schergen in Flossenbürg ermordet. Es hätte auch umgekehrt verlaufen können, denn nur der Zufall verhinderte eine Verwechslung. Die Personen, um die es dabei ging, waren der Theologe Dietrich Bonhoeffer und Josef Müller, der Mitgründer der CSU, allgemein bekannt als der „Ochsensepp“. Im Theaterstück „Später Besuch. Dietrich Bonhoeffer revidius“ von Bernhard Setzwein unterhalten sich die beiden Widerstandskämpfer und langjährigen Mithäftlinge an einem späten Abend im Herbst 1945. Der Inhalt des Theaterstücks wurde am Abend in einer szenischen Lesung wiedergegeben. Autor Setzwein schlüpfte in die Rolle von Bonhoeffer, Kulturjournalist Stefan Voit verkörperte Josef Müller. Das dramatische Geschehen beginnt damit, dass plötzlich Bonhoeffer spät nachts als Gast in der Wohnung von Josef Müller erscheint, kurz nachdem der letzte Teilnehmer - es war der junge Franz Josef Strauß- von einer vorbereitenden Versammlung zur CSU-Parteigründung gegangen war. Im Dialog wird über die einzelnen Geschehnisse in den Haftanstalten und bei den Gefangenentransporten berichtet. Auch hat Josef Müller die Hinrichtung Bonhoeffers miterlebt. Berichte über Haft, Gefangenentransport und nationalsozialistische Verbrechen wechseln sich ab mit Diskussionen zwischen dem Ermordetem und dem Überlebendem. Viele der geschilderten Szenen belegen die enormen Grausamkeiten der Nazi-Schergen, so zum Beispiel auch Misshandlungen und Leichenverbrennung nach der Hinrichtung. Daneben werden von Bonhoeffer und Müller auch ihre persönlichen Sichtweisen des Erlebten dargestellt und Anregungen zum Nachdenken über grundsätzliche Fragen des menschlichen Lebens formuliert. „Erst der Galgen hat mir gezeigt, wie man am Leben hängt“ sagt zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer. Er gab auch zu, nicht sofort „ich bin Bonhoeffer“ gerufen zu haben, als eine Verwechslung der beiden sich anzubahnen schien. Und Müller bekennt „ich hatte schon mit allem abgeschlossen und hätte mich auch für dich geopfert. Dann hätte mein Leben einen Sinn gehabt“. Zu hören war auch, dass Bonhoeffer sich weigerte, Selbstmord zu begehen und auch keinen Fluchtversuch beim Gefangenentransport unternahm. Das Angebot für eine Dozentenstelle in den USA lehnte er ab. „Wichtige Dinge wie Bücher und Tabak haben sie mir weggenommen, aber die Freundschaft mit Maria konnten sie mir nicht rauben“ berichtete er. Es reut ihn aber nachträglich, sich nicht so mutig wie seine Großmutter für Juden eingesetzt zu haben. Damit zeigt der Theologe auch seinen hohen moralischen Anspruch. Und Müller prognostiziert „man wird dich zum Heiligen machen“ und erzählt, dass Bonhoeffer auf dem Weg zu seiner Hinrichtung die Melodie des Liedes „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gesummt hätte. Weil „dieses Land wieder neu aufgebaut werden muss“ wünscht Müller, dass Bonhoeffer regelmäßig zurückkomme. Doch dieser ist plötzlich wieder verschwunden, nachdem Müller an der Haustür nochmals kurz mit dem zurückkehrenden jungen Strauß gesprochen hatte. Weil die Zuhörer am Abend vom Erlebten so tief ergriffen waren unterblieben die angebotenen Nachfragen. Lang anhaltender Beifall war Lob für die beiden Darsteller.