Keine Panik im Schockraum

Seit 5. März ist nach rund einem Jahr Bauzeit der Neubau der Zentralen Notaufnahme am Krankenhaus Tirschenreuth in Betrieb. Einen Tag vor der Eröffnung übten Notfallpersonal und BRK-Kreisverband diverse Szenarien in der neuen Umgebung.

von Grüner, Norbert [tr] (norbert.gruener@oberpfalzmedien.de)

Rettungsdienst und Krankenhauspersonal übten Ernstfall vor Inbetriebnahme der neuen Zentralen Notaufnahme. (Bild: tr)
Rettungsdienst und Krankenhauspersonal übten Ernstfall vor Inbetriebnahme der neuen Zentralen Notaufnahme. (Bild: tr)
Rettungsdienst und Krankenhauspersonal übten Ernstfall vor Inbetriebnahme der neuen Zentralen Notaufnahme. (Bild: tr)

„In fünf Minuten sind sie da” ruft Wolfgang Fünfer, Pflegedienstleiter der Notaufnahme lautstark durch den Flur. Seine Kollegen sind bereits im Schockraum, bereiten alles vor. Sie wissen, gleich geht es hier um Leben oder Tod. Geschäftiges Treiben ohne Hektik beherrscht die Szene.
Der Notruf, der von der Integrierten Rettungsleitstelle Nordoberpfalz (ILS) kam, lautete: „Patient, zirka 65 Jahre alt mit Schnappatmung im Bett vorgefunden, hatte vor zwei Jahren einen Herzinfarkt, bekam mehrere Stents, nimmt Blutverdünnung, war bis jetzt sportlich aktiv.”

Teamarbeit A und O

Schon ist das Martinshorn des RTWs zu hören, spiegeln sich die Blaulichter im Glas der Eingangstür zur neuen Notaufnahme im Krankenhaus Tirschenreuth. Im Schockraum wird den Beobachtern sofort klar, hier ist Teamarbeit das A und O und alle Beteiligten sind Teile eines Systems. Da muss jeder funktionieren, wie feinste Zahnräder in einem Uhrwerk. Nach zwanzig Minuten ist der Patient wieder unter den Lebenden, fruchteten die Bemühungen der Männer und Frauen mit Herzdruckmassage und Defibrillator. Wäre die Reanimationspuppe ein echter Mensch gewesen, läge er jetzt auf der Intensiv- vielleicht sogar schon auf der Normalstation.

Reales Abbild

Das beschriebene Szenario war „nur” eine Übung, aber ein reales Abbild davon, wie es in einer Notaufnahme zugeht. Am Abend des Rosenmontags war das dreistündige Training angesetzt an der der Oberarzt der Chirurgie und ärztliche Leiter in der Notaufnahme, Dr. Tobias Frank sowie Dr. Christoph Wittenberg, Chef der Inneren Abteilung im Krankenhaus Tirschenreuth, weitere Ärzte und Pflegepersonal mitwirkten.
Vier BRK-Vertreter, deren gelbe Warnwesten sie als Beobachter identifizierten, schauten genau hin was da alles vor sich ging, denn auch für die BRK-Mitarbeiter war die Übung ein echter Zugewinn. Um so professioneller die Beteiligten agieren, desto größer die Chancen des Patienten im Falle eines Falles. Von Krankenhausseite waren etwa 15 Mitarbeiter aktiv an der Übung beteiligt. Vom BRK-Kreisverband waren 28 Personen dabei. Die Leitung hatte Wolfgang Rosner. Als Beobachter waren Christian Stahl (Triage), Robert Konrad und Raimund Köstler (Eingriffsraum), Oliver Becher (Schockraum) sowie Stefan Binner (Reanimation) dabei. Die Ehrenamtlichen Rettungskräfte kamen aus den Rettungswachen Tirschenreuth, Kemnath, Erbendorf und Mitterteich. Die „Patienten” waren Mitglieder der Bereitschaften Kemnath, Waldsassen und Armesberg. Für die realistische Unfalldarstellung (Schminken) zeichnete das Team Salomon verantwortlich.
Es ging heiß her an diesem Abend in der Notaufnahme. Durchschnittlich im 15-Minuten Takt wurden die Patienten mit leichten Verletzungen bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern eingeliefert oder kamen selbst in die Notaufnahme. Durch die professionelle Schminke konnten wahrscheinlich nicht einmal die Fachleute auf den ersten Blick erkennen, „Fake oder echter Patient”. Nur einmal tauchte ein älterer Herr auf, der nicht zur Übung gehörte. Er hatte sich verlaufen, suchte eine bestimmte Station, zu der ihn Krankenhausleiterin Claudia Kost fürsorglich begleitete.

Schlag auf Schlag

Da drängte sich die Frage auf, was passiert, wenn während der Übung tatsächlich ein echter Patient ankommt? „Dann lassen wir die anderen liegen und versorgen natürlich ihn”, antwortete Kost. Schlag auf Schlag tauchten immer neue „Patienten” auf oder wurden von den BRK-Helfern angeliefert. Darunter eine Diabetikerin, die am Zentralen Busbahnhof zusammengebrochen war, eine Hamm-Mitarbeiterin, die von einer Walze stürzte und ein Polytrauma erlitt. Ein Kind, das sich beim Spielen eine Kopfplatzwunde zugezogen hatte, die genäht werden musste. Eine Unterarmfraktur, Hals-Wirbensäulen-Beschwerden nach einem Auffahrunfall, ein Kathederwechsel bei einem Patienten aus dem Seniorenheim Mühlbühl und ein Kind mit Nasenbluten und deren aufgelöste Mutter, die es galt zu beruhigen.

Drogen und Alkohol

Auch eine freudige Nachricht konnte Dr. Wittenberg verkünden. Bei einer jungen Frau, die mit heftigen Unterleibsschmerzen in die Notaufnahme kam, stellte sich heraus, dass sie Mutterfreuden entgegenblickt. Und dann lag da noch ein junger Mann regungslos auf dem Bürgersteig vor dem Krankenhaus, der beim Rosenmontagsball wohl zu tief ins Glas geschaut hatte. Auch eine kleine Pille hatte er geschluckt. Worum es sich dabei handelte, konnte er nicht sagen.
Wozu das alles? Nach einem Jahr Bauzeit öffnete am Faschingsdienstag um 8 Uhr offiziell die neue Zentrale Notaufnahme ihre Pforten. Im Vorfeld hatten die Mitarbeiter die Schränke im Schockraum, im Eingriffs- und im Gipsraum sowie in den Bahandlungszimmern mit allem bestückt, was dort vorhanden sein muss. Auch neue technische Geräte hielten hier Einzug, mit deren Bedienung sich die Mitarbeiter vertraut machen mussten.
Nicht zu unterschätzen war dabei auch die Kommunikation mit der ILS und den BRK-Bereitschaften sowie die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst- und Krankenhauspersonal. Fazit eines Beobachters nach zweieinhalb Stunden. In der Zentralen Notaufnahme im Krankenhaus Tirschenreuth ist der Patient in guten Händen.


Beim qualifizierten Personal gibt es noch Luft nach oben, da könnten wir gute Leute brauchen.
Beim qualifizierten Personal gibt es noch Luft nach oben, da könnten wir gute Leute brauchen.

Beim qualifizierten Personal gibt es noch Luft nach oben, da könnten wir gute Leute brauchen.

Krankenhausleiterin Claudia Kost

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