„Europe is small“ – mit einem Lächeln fassten zwei Lehrkräfte eines tschechischen Gymnasiums ihren Besuch an der Gregor-von-Scherr-Schule zusammen. Drei Stunden Anreise für zwei intensive Tage voller Einblicke in moderne Unterrichtsmethoden und digitale Bildung: Im Rahmen eines Erasmus+-Projekts hospitierten die beiden Kolleginnen in mehreren Klassen und tauschten sich mit Lehrkräften sowie der Schulleitung aus.
Ziel des Besuchs war es, praxisnahe Erfahrungen mit der innovativen Unterrichtsmethode des „flipped classroom“ zu sammeln, Einblicke in den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Unterricht zu gewinnen und zu verstehen, wie Digitalisierung an der Gregor-von-Scherr-Schule ganzheitlich umgesetzt wird.
Unterricht „auf dem Kopf gestellt“
Einen zentralen Programmpunkt bildete der Besuch im Unterricht von Ferdinand Stipberger, der in der Klasse 9c das „flipped classroom“-Modell demonstrierte, für dessen Umsetzung er 2019 den Deutschen Lehrerpreis und die Schule im gleichen Jahr den bayerischen isi.digital-Preis erhielt. Dabei bereiten sich die Schülerinnen und Schüler mithilfe digitaler Inhalte selbstständig zu Hause auf den Unterricht vor – die Präsenzzeit wird dann für vertiefende Diskussionen, Problemlösungen oder praktische Anwendungen genutzt. Die tschechischen Gäste zeigten sich beeindruckt vom Engagement der Lernenden und der Struktur des Unterrichts.
In einem anschließenden Gespräch mit der Schulleitung und Ferdinand Stipberger wurden die Einführung, Chancen und Herausforderungen dieser Methode intensiv diskutiert. Besonders interessierte es die Gäste, in welchen Fächern und Altersstufen sich das Modell an der GvS besonders bewährt hat und welche Stolpersteine es bei der Einführung zu beachten gibt. Praktische Tipps zur Umsetzung nahmen sie dankbar mit zurück in ihre Heimat.
KI im Klassenzimmer – kritisch hinterfragt
Ein weiteres Highlight ihres Besuchs war der Einblick in eine IT-Stunde der 6. Jahrgangsstufe bei Bernd Bischoff. Dort hatten die Schülerinnen und Schüler zuvor eine KI-generierte Präsentation erhalten, die sie auf inhaltliche Schwächen und fehlende Quellen überprüften. Gemeinsam wurde diskutiert, was übernommen, was gestrichen und was hinterfragt werden musste. Die Lernenden zeigten dabei bemerkenswerte Medienkompetenz – ein zentrales Bildungsziel der Neunburger Realschule.
„Die Schülerinnen und Schüler waren sich einig: Eine selbstgemachte Präsentation gibt mehr Sicherheit“, berichtet Bischoff. Dennoch wurde die KI als hilfreiches Werkzeug anerkannt – vorausgesetzt, sie wird kritisch genutzt.
Digitale Schule mit Pioniergeist
Neben dem Unterricht hospitierten die Gäste auch in einer Robotik-Stunde mit den schuleigenen Ozobots sowie im Englischunterricht. Besonders beeindruckt zeigten sie sich vom umfassenden digitalen Konzept der Schule. In einem Gespräch mit der Schulleitung erfuhren sie mehr über die digitale Infrastruktur der Gregor-von-Scherr-Schule, die Ausstattung der Schüler mit iPads und die kontinuierliche Weiterbildung des Kollegiums. Die Förderung der iPads durch den Freistaat Bayern und dessen Vorreiterrolle in Deutschland hoben die Gäste ausdrücklich lobend hervor. In der Tschechischen Republik sei man noch lange nicht so weit wie im Freistaat.
„Die GvS hat sich bereits seit dem Schuljahr 2013/14 Schritt für Schritt auf den Weg der Digitalisierung gemacht und hat dadurch eine umfassende Expertise.“, erklärte Christian-Rudolf Bauer, Mitglied der erweiterten Schulleitung. Unterstützt durch Förderprogramme des Freistaats Bayern sei eine moderne Lernumgebung entstanden, die den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht werde.
Internationale Wertschätzung
Wie kamen die tschechischen Kolleginnen überhaupt auf die Neunburger Realschule? Der Kontakt entstand über eine Empfehlung – konkret wurde Ferdinand Stipberger als Ansprechpartner genannt. Für die Gäste stand fest: „The Realschule Neunburg is a famous school. Ihre Schule hat uns sehr positiv beeindruckt. Wir empfanden eine freundliche und kollegiale Atmosphäre, gegenseitige Unterstützung der Lehrkräfte und einen sehr netten Umgang mit den Schülerinnen und Schülern. Wir nehmen viel inspirierende Ideen von Ihrer Schule mit…“ – ein schönes Kompliment, das die Schule gerne mit einem offenen Haus und gelebter Gastfreundschaft erwiderte.
Der Besuch war nicht nur ein informativer Austausch über pädagogische Konzepte, sondern auch ein starkes Zeichen für gelebte europäische Zusammenarbeit im Bildungsbereich.
Infoblock Erasmus+
Erasmus+ ist das Bildungsprogramm der Europäischen Union zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Es unterstützt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen, um den internationalen Austausch von Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen zu stärken.
Ziel ist es, die Qualität der Bildung in Europa zu verbessern, Innovationen zu fördern und Lehrkräfte sowie Lernende auf eine zunehmend vernetzte und digitale Welt vorzubereiten. Schulpartnerschaften wie der Besuch an der Realschule Neunburg v. W. ermöglichen Einblicke in unterschiedliche Bildungssysteme, regen zur Weiterentwicklung an und stärken interkulturelles Verständnis.
Förderbereiche:
• Austausch von Lehrkräften, Schüler*innen und Auszubildenden
• Gemeinsame Projekte zu innovativen Unterrichtsmethoden
• Digitale Bildung und Medienkompetenz
• Inklusive Bildung und Chancengleichheit