Die Theatergruppe der Mittel- und Oberstufe am Stiftland-Gymnasium begeistert mit ihrer Eigenproduktion „Villains“ ihr Publikum.
Darf man einen gewalttätigen Menschen zum Wohle der Gemeinschaft aus dem Leben schaffen? Mit dieser schwierigen ethischen Frage beschäftigte sich die Eigenproduktion „Villains“ der Theatergruppe der Mittel- und Oberstufe am Stiftland-Gymnasium. Dass trotz der diffizilen Thematik beste Unterhaltung geboten werden kann, stellte das Ensemble unter der bewährten Leitung von Studiendirektorin Ina Schmelzer, der in diesem Jahr von der ehemaligen Theaterschülerin Natalie Brandl assistiert wurde, eindrucksvoll unter Beweis.
Die Handlung des Stückes basiert auf dem Plot des Romans If we were villains von M.L. Rio. Sieben Studenten eines amerikanischen College-Jahrgangs bilden eine eingeschworene Gemeinschaft, besessen von der Schauspielerei und von Shakespeare. Jedoch können sie die Rollen, die sie auf der Bühne verkörpern, auch privat nicht ablegen: Mitläufer, Verführerin, Held. Der charismatische Richard gibt im Theater wie im Leben stets den unberechenbaren Tyrannen. Er erniedrigt und beleidigt seine Mitspieler und schlägt seine Freundin. Den jungen Studenten gelingt es zunächst nicht, aus diesem toxischen Beziehungsgeflecht auszubrechen – bis es zur Katastrophe kommt: Richard, der selbst immer wieder von seinem Vater misshandelt wurde, wird von einem Kollegen aus der Theatergruppe erstochen. Dass für diesen Mord letztendlich der Falsche ins Gefängnis geht, liegt nicht zuletzt an der schlampigen Ermittlungsarbeit der Polizisten, denen der nächste Zoiglabend wichtiger ist als die Aufklärung der Tat.
Die Inszenierung bestach durch eine Fülle an gelungenen dramaturgischen Ideen und ergreifenden Momenten. Dabei stellten die Akteure ihr facettenreiches schauspielerisches Können so überzeugend unter Beweis, dass – ganz in Shakespeare‘scher Manier – auf ein Bühnenbild fast vollständig verzichtet werden konnte, ohne dass dem Publikum etwas gefehlt hätte. Darüber hinaus gewährten sie in einigen Proben-Szenen auch augenzwinkernd-ironisch Einblick in die Arbeit einer schulischen Theatergruppe. Für Comic Relief in dem ansonsten sehr emotionalen Geschehen sorgten vor allem die Auftritte der beiden dilettantischen Dorfpolizisten, wobei dem Zuschauer ob der zum Teil sexistischen Derbheiten der beiden Beamten zuweilen das Lachen im Halse stecken blieb.
Als erfrischend andersartig stellt sich die konzeptionelle Herangehensweise der Theatergruppe an ihr jeweiliges Sujet seit einigen Jahren dar. Es wird keine Textvorlage auswendig gelernt, stattdessen entwickelt das Ensemble gemeinschaftlich mit der Spielleitung die einzelnen Szenen. Was der Zuschauer zu sehen bekommt, ist von den Schülerinnen und Schülern selbst ausgetüftelt, selbst erprobt, selbst kritisiert und wieder umgestaltet, also selbst geschaffen worden. Dieses Vorgehen bietet den jungen Schauspielern Raum zur persönlichen Entfaltung und zu eigenverantwortlichen Entscheidungen und ist somit ein eindrucksvolles Beispiel für handlungsorientierten, kreativen, schülerzentrierten Unterricht. Dass dieses Konzept aufgeht, zeigte der große Zuspruch und anhaltende Applaus des Publikums mit Standing Ovations für eine herausragende Darbietung am zweiten Abend.