Was hinter der Ankündigung „Donnerstag, 31. Oktober – Reformationstag – 18 Uhr Turmblasen in Floß“ im letzten Gemeindebrief für die Monate September, Oktober und November 2024 der evangelischen Kirchengemeinde St, Johannes Baptista steckt, geht auf eine lange und interessante Geschichte zurück.
Sie hat bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert ihren Anfang. Bis zum Großbrand im April 1813 stand ein eigener Blas- oder Wachturm am protestantischen Pfarrhaus (im Hofraum), auf dem ein Bürger nebst Türmergehilfen oder Lehrling wohnte. Er musste Tag und Nacht wachen und ausgebrochenes Feuer sogleich melden.
Der frühere Ortschronist, Oberlehrer Leonhard Bär, befasste sich in seinem Büchlein aus dem Jahre 1926 „Der Markt Floß in Vergangenheit und Gegenwart“ mit den Türmern von Floß. Er schreibt:
Eine besondere Rolle spielt in Floß der Turm der alten Pfarrkirche (frühere Simultankirche). Auf diesem besorgt nämlich der „Türmer“ (Musikmeister) mit seinen Gehilfen noch in unserer Zeit das „Abblasen“ von Liedern und anderen Musikstücken religiöser und weltlicher Art in den Morgenstunden der Sonntage beziehungsweise um 11 Uhr an einem Wochentag. An Feiertagen bietet derselbe den Einwohnern zu dem Mittagsmahl überdies vorzügliche „Parademusik“. In alter Zeit wurden vom Turm aus alle Kindstaufen und Hochzeiten „angeblasen“.
Der letzte Türmer stammte aus dem Geschlecht der Familien Fichtl. Georg Erhard Fichtl (1870-1939) kam 1905 als Obermusikmeister nach Floß. Seine Bewerbung wurde damals sogar vom Weidener Komponisten Max Reger am 20. April 1905 durch eine „warme Empfehlung“ unterstützt. Die Türmerwohnung, sie ist im Kirchturm der evangelischen Kirche untergebracht und wird heute von Jugendlichen der Kirchengemeinde für Zusammenkünfte benützt, wurde bis zum Jahre 1938 von den Eheleuten Karl und Maria Kett mit ihren sieben Kindern bewohnt. Kett war Gemeindearbeiter und übte gleichzeitig und bis zuletzt das Amt des Türmers aus.
Bis weit in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das Turmblasen von Flosser Musikern aus der früheren Kapelle Fichtl aufrechterhalten. Dem Evangelischen Posaunenchor gereicht es heute noch zur besonderen Ehre, dass er Jahr für Jahr in der Silvesternacht auf den Kirchturm steigt und die Tradition des Turmblasens aufrecht hält und fortsetzt. Das war am Reformationstag 2024 wieder der Fall. Gespielt hatten Leiterin Tanja Riedel, Obmann Richard Riedel und der frühere Chorleiter Wolfgang Lang. Zu den Vorträgen gehörten der Choral „Ein feste Burg“ sowie kirchliche Lieder unter anderem „Du meine Seele“ und „Lobe den Herrn, meine Seele“.