Hatto Zeidler war sechs Jahre alt, als die Familie 1945 das böhmische Saaz (heute Zatec) mit dem Pferdefuhrwerk verlassen musste. In der Lesung im Turmmaurerturm, zu der das Museum Pfreimd eingeladen hatte, beschreibt der Autor und Bildhauer eindrucksvoll seine Kindheit in der Nachkriegszeit. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Pfreimder Museums heraus. Er erzählt von der ersten Begegnung mit dem unbekannten Vater, der sich als Soldat im Krieg in Russland befand und dann nach Hause kam, einen Pferdewagen kaufte und zusammen mit seiner Familie aus dem heimatlichen Saaz flüchtete. Die Familie landete schließlich nach rund fünf Wochen langer Fahrt in einem kleinen Bootsschuppen in Eberbach.
Nachdenklich, aber auch humorvoll erzählt er von Erlebnissen aus seiner Kindheit und den alltäglichen Nöten einer Flüchtlingsfamilie in der Nachkriegszeit. Die Geschichten über das Leben im Kanuhaus, einem baufälligen Vereinsheim am Neckar ohne fließendes Wasser, Strom und den täglichen Hunger, berühren die Zuhörer. Einfühlsam reflektiert er über das schwierige Leben im Bootsschuppen und die Integrationsversuche einer Flüchtlingsfamilie in ihrer neuen Heimat, denn die sechs Vertriebenenkinder fallen den pfälzisch sprechenden Eberbachern schon deshalb auf, weil sie anfangs den Dialekt nicht verstehen und selbst Hochdeutsch sprechen.
Wer Hatto Zeidler zuhört, wenn er aus seinem autobiographischen Buch „Das Kanuhaus. Erlebnisse einer Flüchtlingsfamilie” liest, denkt kaum an Flucht, Hunger oder an die Probleme einer zugezogenen, mittellosen Großfamilie in der Nachkriegszeit. Dennoch hat der Autor in seiner Kindheit Schlimmes erlebt. Aber er hat Frieden mit seinem Schicksal geschlossen, denn nach fast 80 Jahren „glätten sich die Wogen” erklärt der Autor zum Abschluss seiner Lesung.