Ausstellungseröffnung im Kloster Speinshart am 29. Juni um 13.30 Uhr. Wer in ein Gesicht blickt, das vor Jahrhunderten gemalt wurde, begegnet nicht nur einer unbekannten Person – er tritt in einen Dialog mit einer vergangenen Welt. Die Ausstellung Vergiss mein nicht im Kloster Speinshart zeigt alte Portraits aus dem Besitz des Klosters, sowie Arbeiten zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, die sich mit dem Thema Erinnerung, Identität und der flüchtigen Natur des Selbstbildes auseinandersetzen.
Bereits seit der Antike diente das Porträt nicht nur der Abbildung, sondern vor allem der Vergegenwärtigung: Es macht die Abwesenden anwesend. Um 1500 erlebt die Portraitkunst ihre erste große Blüte – sowohl nördlich als auch südlich der Alpen. Aus der anonymen Darstellung von Typen, die nur mittels ihrer Attribute erkennbar werden, treten nun individuelle Persönlichkeiten mit ihren ganz eigenen subjektiven Eigenschaften hervor.
Die gezeigten historischen Porträts geben Einblick in eine Form der inszenierten Selbstdarstellung. Die Kontrolle der Wahrnehmung im Verhandlungsraum zwischen dem eigenen Selbstbild und der öffentlichen Wahrnehmung ist dabei stets präsent. Zwischen Authentizität und Inszenierung kann der Betrachter sein menschliches Spiegelbild erkennen – in seiner Verwundbarkeit, der Sterblichkeit, aber auch des Stolzes und Bedürfnis nach Anerkennung.
Auch die zeitgenössischen Arbeiten in der Ausstellung greifen diese Fragen auf. Sie konfrontieren uns mit einer Gegenwart, in der sich Kontinuitäten und Identitäten früherer Generationen auflösen, was befreiend, aber mitunter auch beängstigend sein kann. In einer Zeit der ständigen digitalen Selbstinszenierung zeigt die Ausstellung, wie tief verwurzelt das menschliche Bedürfnis ist, gesehen zu werden.
Vergiss mein nicht! eröffnet Perspektiven – in einer Zeitreise durch das Medium Portrait, das mehr ist als ein Bild: ein Spiegel der Gesellschaft, ein Zeugnis von Macht und Ohnmacht, ein Versprechen auf Unsterblichkeit. Die Ausstellung lädt dazu ein, über den Wandel von Erinnerungskultur nachzudenken, über die Kraft der Darstellung und über das oft nicht bewusste, aber nachdrückliche Bedürfnis, Spuren zu hinterlassen.