Eingeladen hatte die Marktgemeinde zu einem Vortrag unter den Titel „Zisterzienser als Bio-Pioniere?“ Martina Zanner und Antje Grüner von IKom Stiftland hielten diesen interessanten Vortrag im Info- und Begegnungszentrum ab.
Bekannt sein dürfte, dass unser Stiftland seinen Ursprung mit den Zisterziensermönchen aus Waldsassen hatte. Bis 1153, dem Todesjahr von Bernhard von Clairvaux, waren in Europa mehr als 340 Zisterzienserklöster gegründet worden. Mönche und Bauern lebten im Umfeld von Klöstern, rodeten Wald, legten Sumpfgebiete trocken und neue Ackerflächen an und verwandelten Ödland in Weideland. Auch deshalb steht das Europäische Kulturerbe Siegel in enger Verbindung mit weiteren Zisterzienser-Standorten in ganz Europa.
Martina Zanner von der EKS-Projektstelle und Antje Grüner von der Öko-Modellregion zeigten in ihrem Vortrag, welche Verbindungen es zwischen den Zisterziensermönchen aus dem 12. Jahrhundert und aktuellen Definition von nachhaltiger Landwirtschaft gibt. Ob die Zisterzienser schon damals Bio-Pioniere im heutigen Sinne waren, war die zentrale Frage des Vortrags.
Im 12. Jahrhundert entstanden auf dem urbar gemachten Boden neue bäuerliche Siedlungen, die unter dem Schutz eines Grundherrn, hier meist das Kloster Waldsassen, standen.
Die Zisterzienser betrieben schon damals nachhaltige Landwirtschaft und erkannten frühzeitig, dass Natur und Bewirtschaftung im Einklang stehen müssen. Denn Landwirtschaft ist abhängig vom Wetter und Fruchtbarkeit der Böden, beides kann den Anbau (extrem) erschweren und an den Rand der Existenz führen.
Die Mönche waren ihrer Zeit schon sehr weit voraus. Die Dreifelderwirtschaft (Wechsel zw. Sommer- und Winterfrucht sowie Brache im dritten Jahr und Nutzung als Weideland für ihre Tiere) hatten die Mönche frühzeitig umgesetzt und auch auf die Bewirtschaftung ihrer Teiche übertragen.
Aufgrund ihrer Verpflichtung zur Eigenwirtschaft stellten die Mönche viele Produkte selbst her. Daher wurden die Klöster bewusst so angelegt, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befanden und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden konnten. Daher findet man Zisterzienserklöster heute üblicherweise in fruchtbaren Tallagen mit ausreichenden Wasservorkommen.
Was noch heute unser Stiftland prägt, sind die vielen Teiche. Deshalb wird unsere Heimat auch das Land der tausend Teiche genannt. Die Waldsassener Zisterzienser entschieden sich aufgrund der klimatischen und geologischen Bedingungen für eine Intensivierung der in der Region bereits vorhandenen Teichwirtschaft. Durch ihr Herrschaftsgebiet fließen die Flüsse Waldnaab und Wondreb. Tertiären, tonigen Sedimente, das gefällearme Gebiet und vor allem ausreichende Niederschlagsmengen ermöglichten wirtschaftlichen Erfolg im Bereich der Teichwirtschaft.
Die Mönche wirtschafteten, wie an vielen weiteren Beispielen gezeigt wurde, nachhaltig. So wurden weitgehend Baumaterialien aus der Region verwendet, bestehende Gebäude bei Besitzübernahme weitergenutzt und das neuzeitliche „Upcycling“ von Baustoffen und Elementen der Innenausstattung angewandt. Man nutzte das ganze Tier und hatte aufgrund des Armutsgelübtes einen einfachen Lebensstil. Nachhaltig und zeiteffizient waren der Austausch und Wissenstransfer innerhalb des Ordens und bei der Reise zum Generalkapitel in Citeaux bildete man Reisegemeinschaften. Eine Vereinfachung in Verwaltungsabläufen ging durch Verleihung von Markt- und Stadtrechten einher.
Wenn man diese Weitsicht der Mönche in Bezug auf die ökologische und biologische Produktion mit der heutigen Zeit vergleicht, sind einige Parallelen vorhanden.
1924 fand in Kobierzyce (Koberwitz) bei Breslau auf dem Gut des Grafen von Keyserlingk ein sogenannter „Bauernkurs“ unter Leitung von Rudolf Steiner statt. Man sieht dies als Beginn des weltweiten modernen ökologischen Landbaus (biologisch-dynamisch). Eine weitere Etappe war 1992 die „Agenda 21“ in Rio de Janeiro. Dort wurde das Konzept einer wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Landwirtschaft, die nach ihren Annahmen keine Bedrohung für die biologische Vielfalt darstellt und indirekt zu einer sparsamen Nutzung der Umwelt beiträgt, auf dem Weg gebracht.
Gemäß der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates verfolgt die ökologische/biologische Produktion folgende allgemeine Ziele:
Beitrag zum Schutz der Umwelt und des Klimas, die Erhaltung der langfristigen Bodenfruchtbarkeit, Förderung kurzer Versorgungsketten und der lokalen Erzeugung in den verschiedenen Gebieten der Union, Erhaltung einer ungiftigen Umwelt, hohes Niveau der biologischen Vielfalt, hohe Tierschutzstandards (insbesondere zur Befriedigung der spezifischen Verhaltensbedürfnisse der einzelnen Tierarten), Entwicklung eines pflanzengenetischen Angebots, das den besonderen Bedürfnissen und Zwecken des ökologischen Landbaus entspricht.
Die Zisterzienserinnen-Abtei Waldsassen, die Nachfolgerinnen der Zisterziensermönche, verfolgen ebenfalls diese Ziele und tragen etwa mit Umweltbildung in der Umweltstation / KUBZ und dem Angebot Perlentaucher 1.0/2.0 sowie dem Verkauf von eigenen Produkten, wie z.B. Apfelsaft, zur Nachhaltigkeit bei.
Im österreichischen Zisterzienserkloster Zwettl hat man Strom aus einem hauseigenen Kleinwasserkraftwerk an der Kamp oder die Fernwärme durch Biomasseheizwerk (Hackgut aus Klosterwald). Dort betreibt man naturnahen Waldbau, z.B. mit Altholzinseln. Man züchtet selbst Besatzfische und verkauft regionale Produkte, dort unter anderem Mohn, im Klosterladen.
So lässt sich auch in heutigen Zisterzienserinnen- und Zisterzienserklöstern deutlich der Gedanke des nachhaltigen Wirtschaftens erkennen.