Im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus präsentierte die Journalistin und Autorin Waltraud Bierwirth ihre Recherchen zu zwei antisemitischen Morden in der Oberpfalz kurz nach Kriegsende.
Berek Goldfeier kam in der Hoffnung auf ein neues Leben nach Regensburg. Während seine Eltern in den Gaskammern ermordet wurden, hatte er das Konzentrationslager und das Ghetto in Lodz überlebt. Die Oberpfalz sollte für den 14-jährigen und seinen 17-jähriger Bruder Moshe nur eine Zwischenstation sein. Gemeinsam wollten sie schnellstmöglich nach Israel auswandern. Dazu kam es jedoch nicht. Im Dezember 1945 wurde Berek Goldfeier in Regensburg ermordet.
Auch die Familie Brutmann hatte die Schrecken des Nationalsozialismus überlebt. Hersch Brutmann und sein Bruder David waren wie die Gebrüder Goldfeier aus dem Ghetto Lodz nach Auschwitz deportiert worden. Nach ihrer Befreiung kamen auch sie nach Regensburg. Dort heiratete Hersch seine Freundin Gitla und im Januar 1947 wurde ihr Sohn Natan geboren. Als führender Aktivist der zionistischen Bewegung in Regensburg wollte auch Hersch baldmöglichst mit seiner Familie nach Israel. Im April 1947 wurde die vierköpfige Familie in ihrer Wohnung grausam ermordet.
Den beiden Mordfällen und dem Leben der jüdischen Opfer widmete sich fast acht Jahrzehnte später Waltraud Bierwirth bei einem Vortrag in der Buchhandlung Volkert. Eingeladen wurde die Regensburger Journalistin von den Veranstaltern der Aktionswochen gegen Antisemitismus. „Die Morde an Berek Goldfeier und der Familie Brutmann zeigen das der Judenhass leider auch in der Oberpfalz mit der Niederschlagung des Nationalsozialismus keineswegs ein Ende gefunden hat“, so Stefan Dietl, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di in Sulzbach-Rosenberg.
Denn während die Regensburger Kriminalpolizei beide Fälle einst umgehend als Raubmord einstufte zeigen die akribische Recherchen Bierwirths ein anderes Motiv: Antisemitismus.
Dafür das der Antisemitismus auch in Regensburg nach Kriegsende nicht plötzlich verschwand führt Bierwirth zahlreiche Belege an, unter anderem Zitate des damaligen Oberbürgermeisters Alfons Heiß.
„Der Judenhass war auch im Nachkriegsdeutschland virulent. Er hat sich nur in die Hinterzimmer verzogen“, so beschriebt die Regensburger Journalistin die Situation.
Doch warum legte sich die Regensburger Kripo in beiden Fällen sofort auf einen Raubmord fest, ohne eine antisemitisches Motiv überhaupt zu prüfen?
Bierwirths Recherchen hierzu lassen aufhorchen. Entscheidende Beteiligte der Mordermittlungen waren während der Nazi-Zeit Teil des Regensburger Polizei-Reserve-Bataillon XIII oder der SS-Polizei-Wachkompanie und im Ghetto Lodz, in dem auch die späteren Mordopfer lebten, an den Verbrechen des Nationalsozialismus beteiligt.
„Regensburger Polizisten waren an Massenmord und Deportationen beteiligt“, so Bierwirth. Laut dem Historiker Roman Smolorz, den Bierwirth zitiert, waren Regensburger Ordnungspolizisten für ein Viertel aller Deportationen aus Lodz nach Auschwitz-Birkenau zuständig. Viele der Täter machten im Anschluss bei der Regensburger Kripo Karriere. Bierwirths Recherchen legen den Verdacht nahe das die Morde auf ein Geschehen in der Nazi-Zeit zurückgeht und Regensburger Polizisten mit NS-Vergangenheit darin verstrickt sind.
Ein abschließendes Fazit kann und will Waltraud Bierwirth dennoch nicht ziehen: „Es braucht weitere, auch größer angelegte Recherchen und Forschungen, nicht zuletzt auch zur Beteiligung Regensburger Polizeieinheiten am Holocaust.“
Ein erster Schritt könnte die erneute Überprüfung der beiden Morde sein. Nachdem zuletzt auch der Bayerische Rundfunk mehrfach über die Fälle berichtete scheint hier zumindest Bewegung in die Sache zu kommen. Es wird wohl erwogen neue Ermittlungen einzuleiten und die Akten erneut zu öffnen.