„Ich habe mich entschlossen zu glauben, nach dem Wort Gottes zu leben, mein Leben gelingt besser denn jemand liebt mich, ohne mich ständig bei ihm in Erinnerung bringen zu müssen”, sagte Autor Tobias Haberl am vergangenen Mittwoch in Weiden.
Die Tatsache, dass die Autorenlesung mit Diskussion von Tobias Haberl, dessen Buch „Unter Heiden” derzeit für Furore sorgt, kurzfristig vom Weidener Café Mitte in die benachbarte evangelische Kreuz-Christi-Kirche verlegt wurde, zeigt das große Interesse der über 200 Katholiken und Protestanten – sie alle wollten den bekannten Journalisten erleben.
Organisiert wurde der Abend unter der Federführung von KLB Kreisseelsorger Gerhard Pausch, Mit dabei das Cafè Mitte, Evang. Bildungswerk Opf., Kath. Erwachsenenbildung NEW/WEN sowie die Katholischen Landvolkbewegung (KLB) des Landkreises Neustadt/WN mit den beiden Vorsitzenden Maria Pleyer und Willi Kellner, es moderierte KLB-Referentin Bettina Schönherr (KLB Diözese Regensburg).
„Unter Heiden”, veröffentlicht im Oktober 2024, ist mittlerweile ein Spiegel-Bestseller. Haberl erklärte, dass der Glaube ihm Zufriedenheit und Seelenfrieden vermittle, was für viele jedoch schwer nachvollziehbar sei.
Schon seine Art zu sprechen machte den 49-Jährigen, der aus Roding stammt, besonders nahbar. Von einem, der „vorne aus seinem Buch liest”, wurde er schnell zu „einem von uns”. Mit einfachen Worten, Charisma und Sympathie zog er sein Publikum in den Bann und ließ die Welle, die er mit seinem Buch losgetreten hatte, nun auch in Weiden überschwappen.
Haberl fühlt sich als gläubiger Christ in der Gesellschaft zunehmend unverstanden – „wie eine Affenart, die von der anderen Seite des Gitters bestaunt wird”. Er kritisierte, dass Menschen, die keine Ahnung von seinem Glauben haben, ihn dafür verurteilen, dass er weiterhin zur Kirche geht, die Messe besucht und betet. Er verstehe, warum viele nach den aufgedeckten Missbrauchsfällen der Kirche den Rücken gekehrt haben. Dennoch sei es wichtig, den Glauben nicht nur auf die Skandale der Kirche zu reduzieren. Google könne jede Frage beantworten – nur nicht die nach dem Sinn des Lebens und nach dem, was wirklich Halt gibt. Er erklärte, dass er mit seinem Buch ein modernes Glaubensbekenntnis verfasst habe, das sich bewusst auf die schönen Aspekte des Glaubens konzentriert: Trost, Hoffnung und Sinn. Dabei ging es ihm nicht darum, die Sünden der Kirche zu verharmlosen, sondern darum, darauf hinzuweisen, dass Glaube mehr als Missbrauch und Vertuschung sei. „Ich bin kein Theologe und kein Religionslehrer, sondern ein ganz normaler Mensch der an Gott glaubt.” Sein Buch habe er geschrieben, „um als gläubiger Mensch besser verstanden zu werden”. Viele würden Kirche nur noch als weltliche Institution, ähnlich wie den ADAC, wahrnehmen und die Vorstellung, dass es Gott geben könnte, gar nicht mehr in Betracht ziehen.
Haberl gab in drei Abschnitten Einblicke in sein Buch und diskutierte zwischen den Lesungen mit seinem Publikum. Er schilderte, wie er als Christ in seinem Umfeld wahrgenommen wird. Er sprach über seine Kindheit, in der er katholisch erzogen wurde. „Früher war man die Norm, heute ist man ein Rebell”, sagte er und betonte, dass er seinen Eltern sehr dankbar sei, ihn spielerisch in die Arme Gottes geführt zu haben.
Eine Weidener Zuhörerin hinterfragte den Buchtitel „Unter Heiden”. Laut Haberl solle der Titel zum Nachdenken anregen. Heiden seien nicht unbedingt ungläubige Menschen, sondern solche, die an etwas anderes glauben.
Im weiteren Verlauf des Abends sprach er über den Umgang mit Glaubenszweifeln und betonte, dass diese zum Glauben dazugehören. Er habe nie darunter gelitten, dass man Gott nicht beweisen kann – im Gegenteil, das Ungewisse mache den Glauben für ihn erst spannend. „Man muss ins Unbekannte springen. Das trauen sich viele nicht, aber das ist die Aufgabe – und dann kann's losgehen!”
In der Diskussion wurde deutlich, dass viele Menschen sich nach einer neuen Perspektive auf den Glauben sehnen. „Endlich sagt es mal jemand”, war ein Satz, der in vielen Wortbeiträgen mitschwang. Alle Strömungen in der Kirche hätten nach Haberls Einschätzungen ihren Platz und das sei gut so. Wie man die aktuelle Krise der Kirche überwinden könne, wisse er nicht – „sonst hätte ich einen Termin im Vatikan”. Fest stehe jedoch, dass die Kirchenaustritte in Europa weiter zunehmen werden. Gleichzeitig wachse die Weltkirche rasant: In Asien und Afrika lassen sich immer mehr Menschen taufen.