Die evangelische Gemeinde Erbendorf feierte dieses Jahr 100 Jahre Martin-Luther-Kirche – Grund genug für die Kirchengemeinde, auf die Geschichte zu blicken. Denn vor 100 Jahren wurde auch das Simultaneum aufgelöst.
Jochen Neumann weiß viel über die Geschichte der evangelischen Kirche. Um die zu verstehen, ist auch ein Blick auf die Gründung Erbendorfs wichtig. Auf dem Altenstädter Hügel sei, nach dem Chronisten Joseph Höser, allem Anschein nach eine heidnische Kultstätte gewesen, weiß er. „An oder um diesen Ort ist auch die erste Ansiedlung unseres heutigen Erbendorfs zu suchen.”
Die Urkirche Erbendorfs sei die Sankt-Veits-Kirche gewesen, die zwar urkundlich erst 1295 genannt wurde, aber dennoch wesentlich älter sei. Die Verbindungen des Klosters Weißenohe in Oberfranken mit Erbendorf sei erkennbar im Bestätigungs- und Schutzbriefes von Papst Paschalis vom 14. April 1109, in dem Erbendorf erstmals als „Herbendorf” erwähnt wurde. „Pfalzgraf Aribo und Ehefrau Guilla gründeten 1053 dieses Kloster und machten umfangreiche Schenkungen, in der Urkunde von 1109 bestätigte der Papst diese”, informiert Neumann.
Noch im 12. Jahrhundert ging das Präsentationsrecht der Pfarrei auf das 1119 gegründete Kloster Michelfeld bei Auerbach über. „Sie waren es auch, die bereits frühzeitig in Erbendorf eine klösterliche Niederlassung mit einem Hospital am Standort der heutigen Propstei errichteten”, weiß Neumann. „Der Pfarrsitz von St. Veit kam erst nach dem Bau der Pfarrkirche Mitte des 15. Jahrhundert an den heutigen Platz.” So werde im Salbuch des Amtes Parkstein von 1416 noch „die alte Pfarr St. Veit” genannt. „Um 1490 wurde sie nur noch als Zukirche oder Filialkirche bezeichnet.”
Zur Reformation informiert Neumann: „Luthers Lehre fand in Erbendorf aufgrund der sächsischen Bergleute und der Lage des Ortes an der Handelsstraße von Nürnberg nach Eger schnell Eingang.” Bereits 1525 wird von einem Prediger in Erbendorf berichtet. „Selbst der damalige Rat des Marktes wollte damals das Frühmessbenefizium auflösen, um den protestantischen Glauben zu stärken, was auch schließlich 1542 gelang.”
Prediger Lorenz Rüdel, von 1539 bis 1541 in Erbendorf, stand in brieflichem Kontakt mit Martin Luther. Die katholische Seite erhielt bei der Gegenreformation 1627 Aufwind, als Jesuiten in Erbendorf wirkten. „Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 war aber im Religionsstreit nicht nur bei uns, sondern im gesamten damaligen Herzogtum Sulzbach noch lange keine Ruhe.” Herzog Christian August von Sulzbach wollte den Protestantismus wieder einführen, Erbprinz Wilhelm von Neuburg den Katholizismus. „Mit dem Kölner Vergleich 1652 wurde dieser Streit beendet und das Simultaneum, die gemeinsame Nutzung der Kirchengüter durch die Konfessionen, eingeführt.” Es habe noch bis 1663 gedauert, bis das Simultaneum in Erbendorf griff. Das habe sich in den folgenden Jahren auf das kirchliche und gesellschaftliche Leben bezogen. „Selbst Ämter wie das des Schulmeisters oder des Bürgermeisters wurden jeweils mit einem katholischen und einem evangelischen Amtsinhaber besetzt.” Erste Ansätze zur Auflösung des Simultaneums habe es bereits 1821 gegeben, doch aufgelöst worden sei es auf Initiative des Erbendorfer Pfarrers Franz Xaver Fleischmann vom bayerischen Staatsministerium erst 1918.
„Eine rege Bautätigkeit nahm nach der Auflösung ihren Anfang.” Nachdem die evangelische Gemeinde die Sankt-Veits-Kirche und die katholische Pfarrei die heutige Stadtpfarrkirche erhalten hatten, erweiterte letztere ihre Kirche 1923 und die evangelischen Christen bauten von 1921 bis 1923 ihre Martin-Luther-Kirche in der Bräugasse.
Etwa 20 Zuhörer waren zu dem Vortrag gekommen, zu dem die evangelische Kirchengemeinde eingeladen hatte. „Mit diesem Vortrag schließen wir das Jubiläumsjahr”, sagte Diakonin Anke Himmel.
Quelle: www.erbendorf-evangelisch.de
„Selbst Ämter wie das des Schulmeisters oder des Bürgermeisters wurden jeweils mit einem katholischen und einem evangelischen Amtsinhaber besetzt.”