Fernab urbaner Kulturzentren hat sich das Kloster Speinshart als ein Ort etabliert, an dem zeitgenössische Kunst nicht nur ausgestellt, sondern mit intellektueller Schärfe verhandelt wird. Wo barocke Architektur und klösterliche Stille dominieren, treffen avantgardistische Positionen auf historisch gewachsenes, Konzertveranstaltungen auf Denk- und Resonanzräume für aktuelle gesellschaftliche wie wissenschaftliche Diskurse. Am Sonntag, 18. Mai um 13:30 wird nun eine weitere hochkarätige Kunstausstellung eröffnet.
Die Ausstellung „Liturgien der Raumfahrt“ von Rosa Pfluger und Lois Weinberger widmet sich dem Streben in die Höhe, in die Unendliche Weite, ins All: Der Himmel als Bereich oberhalb der Erdatmosphäre, aber auch als transzendenter Vorstellungsraum, liefert dabei die Schnittstelle, an der Profanes und Sakrales zusammenfällt.
Liturgien der Raumfahrt: Das sind Choreografien, Rituale und Versuchsanordnungen, die nach oben streben. Die Ausstellung beginnt mit der einfachen Beobachtung aus der Natur – etwa dass alles nach oben wächst, und sich langfristig behaupten kann, bis zu medienreflexiven Vorgehensweisen, die die Werke der beiden Künstler auszeichnet.
Gleich zu Beginn, in der Arbeit „portable Garden“ von Lois Weinberger etwa im gestrengen barocken Ambiente des Klosterhofes wird an die Ordnung/das Lebendige der Stuckdecke nebenan erinnert. Seine Textarbeiten, etwa mit der Wortkombination „„Precise Carelessness“, eröffnen den Rundgang durch den Ausstellungskorridor, in dem das Spiel mit Nähe, dem Begreifen wollen des grundsätzlich Fremden, und der Paralellwelt der Schwerelosigkeit den Grundtenor bestimmt. In „Raumkapseln“, Untersuchungsstationen, und präzise gescheiterten Höhenflügen reiht Rosa Pfluger die Werke so aneinander, dass sich ein sehr technisches Vorgehen mit symbolischem Überbau immer mehr überschneiden, was in einem großen Sternenhimmel mündet, am Ende der Raumflucht. „Für die neue Sonne die mehr brennt als leuchtet“, ist dazu ein passender medienreflexiver Kommentar von Lois Weinberger: Durch den Fotoabzug des angebrannten Dias scheint eine alltäglich banale Situation (Kirils WC) geradezu transzendiert zu werden – oder die Transzendenz geerdet..
Lois Weinberger arbeitete an einem poetisch-politischen Netzwerk, welches den Blick auf Randzonen lenkt und Hierarchien unterschiedlicher Art in Frage stellt. Er verstand sich als Feldarbeiter und begann in den 1970er Jahren mit ethnopoetischen Arbeiten, welche die Basis bildeten für die seit Jahrzehnten entwickelte künstlerische Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum. Spontanvegetationen wie in „portable garden“, bzw. Ruderal-Pflanzen — “Unkraut” — die alle Bereiche unseres Lebens tangieren, sind Ausgangs— und Orientierungspunkt für Notizen, Zeichnungen, Fotos, Objekte, Texte, Filme und Arbeiten im öffentlichen Raum.
Lois Weinberger * 1947 in Stams, Tirol. † 2020 in Wien lebte in Wien und Gars am Kamp, Niederösterreich.
Auch Rosa Pfluger (* 1997 in Ebersberg) arbeitet mit Beobachtungen und Materialien aus ihrem direkten Umfeld, dem Bauernhof ihrer Familie, und verknüpft diese mit Narrativen aus Wissenschaft und Religion. Es entstehen kulissenartige Installationen und Requisiten, experimentelle Hörspiele, Bildersammlungen und Videos. Die ehemalige Ministrantin schloss 2024 ihr Studium der Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste in München ab.